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SRNL 2023, 15
Demmer/Hoffmann 

Gastbeitrag: Essener Insolvenzforum: eine ideale Plattform für Wissens- und Erfahrungsaustausch

von Julika Demmer und Jana Hoffmann, Essen

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Über 100 Gäste bei diesjährigen Essener Insolvenzforum.

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Ein abwechlungsreiches Programm mit praxisrelevanten Themen.

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Patrik-Ludwig Hantzsch (Creditreform) führt zu aktuellen Wirtschaftstends aus.

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Richter Frank Pollmächer erklärt die Besonderheiten im Pflichtgläubigerausschuss.

Am 15. November 2023 fand zum zehnten Mal das hochkarätige Essener Insolvenzforum statt, das sich als wegweisende Plattform für Wissenstransfer und fachlichen Austausch etabliert hat. Die Veranstaltung versammelte führende Experten, Unternehmer und Insolvenzpraktiker, um die neuesten Entwicklungen, Herausforderungen und bewährten Lösungsansätze im Bereich Insolvenzrecht und Unternehmenssanierung zu diskutieren. Mit einem Fokus auf die sich stetig wandelnde wirtschaftliche Landschaft war das Essener Insolvenzforum nicht nur ein Ort des Dialogs, sondern auch eine Quelle wertvoller Erkenntnisse für diejenigen, die in der Welt der Insolvenzverwaltung und Sanierung tätig sind.

Ab 8:30 Uhr versammelten sich rund 115 Teilnehmer nach und nach im Festsaal der Philharmonie Essen mit großer Vorfreude auf die anstehenden Vorträge. Frau Monika Eckstein, die Moderatorin und Veranstalterin aus dem Hause Burk AG, die SRNL 2023 S. 15 (16)mit dem Vorstand Michael Ehling vertreten war, startete den Tag und begrüßte alle Anwesenden, bevor sie einen Einblick in das bevorstehende Programm gab. Dann kündigte sie Herrn Prof. Dr. Jens M. Schmittmann, der an der FOM Hochschule in Essen Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Wirtschafts- und Steuerrecht lehrt, an, der den ersten Vortrag des Tages über das Thema Steuerthematiken in der Insolvenz: Beantwortung von Fragestellungen aus der Praxis hielt.

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Prof. Dr. Römermann begeisterte die Teilnehmer mit einem Blick in die digitale Zukunft von Verfahren.

Nach einer kurzen Einleitung und einem Einblick in seinen bevorstehenden Vortrag, erläuterte Schmittmann zunächst die einschlägigen Normen der Insolvenzordnung (§§ 55 Abs. 4, 155 InsO) und der Abgabenordnung (§§ 34, 69, 191 und 251 AO) und betonte, dass man darüber hinaus mindestens 100 bis 150 Entscheidungen des EuGH, des BGH und des BFH kennen müsse, um im Insolvenzsteuerrecht „halbwegs unfallfrei“ arbeiten zu können. Ihm gehe es im Laufe des Vortrags darum, die Teilnehmer durch die wichtigsten Problemfelder zu navigieren und insbesondere Haftungsfälle zu vermeiden.

Zum Abschluss des einkommensteuerrechtlichen Teils wies der Referent auf die Problematik der aus der Restschuldbefreiung resultierenden Steuern im Fall der Betriebsaufgabe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 6.4.2022 – X R 28/19, ZRI 2023, 23 ff. = BB 2023, 218 ff. mit Anm. Schmittmann; BFH, Urteil vom 13.12.2016 – X R 4/15, BFHE, 256, 392 ff. = BStBl. II 2017, 786 ff.) und der Verwaltungsauffassung (BMF, Schreiben vom 8.4.2022, DOK2022/0380353, BStBl. I 2022, 632) hin. Neben dem Einkommensteuerecht gab es einen kurzen Ausflug ins Umsatzsteuerecht. Zum Einstieg in den umsatzsteuerrechtlichen Teil stellte Prof. Dr. Schmittmann zunächst anhand der Rechtsprechung die Sonderfälle der Einordnung von Umsatzsteuerverbindlichkeiten beim Forderungseinzug dar und rundete das Gebiet hinsichtlich zweiter Vorsteuerkorrektur der aus der Quote bezahlten Lieferanten und Dienstleister stattfindet ab (vgl. FG Münster, Urteil vom 20.2.2018 – 15 K 1514/15, NZI 2018, 458 ff.).

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Prof. Dr. Schmittmann referierte gewohnt kurzweilig über aktuelle Fälle im Insolvenzsteuerrecht

Nach einer kurzen Frühstückspause begrüßte Stefan Denkhaus, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei BRL, die Teilnehmer des Essener Insolvenzforums. In seinem Vortrag über die Sanierung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen unterrichtete er das Publikum zunächst über einschlägige Zahlen und Fakten. 70 % der Krankenhäuer haben im Jahr 2022 ein Defizit erwirtschaftet, wobei fast 100 % eine ökonomische Krise in den nächsten fünf Jahren erwarten werden und heute bereits 40 % signifikante Liquiditätsengpässe haben. Neben einem Exkurs in die duale Krankenhausfinanzierung erläuterte er die Besonderheiten bei Krankenhausinsolvenzen.

Die Herausforderungen im Gesundheitssektor sind vielschichtig. Insbesondere Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sehen sich immer häufiger mit der Notwendigkeit konfrontiert, umfassende Strukturmaßnahmen zur Sanierung zu ergreifen. Die Dynamik des Gesundheitswesens, regulatorische Änderungen und wirtschaftliche Druckfaktoren erfordern von diesen Einrichtungen eine strategische Neuausrichtung, um die Qualität der Versorgung aufrechtzuerhalten und wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Krankenhäuser stehen im Zentrum unseres Gesundheitssystems und sind lebenswichtige Institutionen für die Versorgung von Patienten. Dennoch sind sie, wie jede andere Organisation, nicht immun gegen wirtschaftliche Herausforderungen. Immer häufiger sehen sich Krankenhäuser mit der ernsten Möglichkeit einer Insolvenz konfrontiert, was auf eine komplexe und einzigartige Problematik im Vergleich zu anderen Insolvenzen hinweist.

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Als dritter Referent trat der Richter Frank Pollmächer, Amtsgericht – Insolvenzgericht – Düsseldorf, auf die Bühne, der das Publikum zum Thema Pflichtgläubigerausschüsse – aktuelle Rechtsfälle aus der Gerichtspraxis unterrichtete.

Einleitend gab er zunächst einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und gesetzliche Entwicklungen, bevor er das Thema gesetzliche Formen des (vorläufigen) Gläubigerausschusses aufgriff. Der Referent, der über langjährige Erfahrung als Insolvenzrichter verfügt, stellte die Rechtslage vor und nach dem ESUG dar, bevor er die Änderungen durch das Konzerninsolvenzrecht (KIG) und das Restrukturierungsrecht (StaRUG) beleuchtete. Er erläuterte die Unterschiede zwischen dem Pflichtausschuss, dem „Soll“-Ausschuss und dem „Kann“-Ausschuss. Detailreich stellte er sodann die Schwierigkeiten und ihre Lösungen bei der Einsetzung und Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses dar. Pollmächer gab zudem wichtige Hinweise zur konkreten Besetzung des Gläubigerausschusses, bevor er auf Fragen der Selbstorganisation des (vorläufigen) Gläubigerausschusses einging. Auch die Beendigung der Amtsstellung und die Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschusses waren Thema. Kritisch beleuchtete Pollmächer auch eine aktuelle Entscheidung des BFH (Urteil vom 21. April 2022 – V R 18/19, NZI 2022, 815 ff. mit Anm. Schmittmann) zur Vergabe von Aufträgen durch den Gläubigerausschuss, z.B. an Kassenprüfer.

In der Mittagspause stärkten sich die Anwesenden. In einem Nebenraum war ein kulinarisches Buffet aufgebaut, welches keine Wünsche offenließ. Bei Fisch, Fleisch und vegetarischen Optionen fand ein angeregter Austausch über die bereits gehörten Vorträge statt. Zusätzlich konnten bei verschiedenen Ausstellern wie dem Existenzmagazin oder der National-Bank Kontakte geknüpft und Einblicke in die Tätigkeiten eingeholt werden.

Im Anschluss an die Pause referierte Prof. Dr. Volker Römermann, CSP über das Thema: Wie künstliche Intelligenz die Insolvenzverwaltung revolutionieren wird. Die fortschreitende Digitalisierung hat einen bedeutenden Einfluss auf die Art und Weise, wie wir kommunizieren und interagieren. Insbesondere Video- und Telefonkonferenzen haben sich zu unverzichtbaren Werkzeugen entwickelt und den persönlichen Kontakt in vielen Bereichen abgelöst. Smartphones und Computer spielen dabei eine zentrale Rolle in dieser Entwicklung. Man trifft sich mit Menschen in digitalen Räumen, die von einem anderen Teil der Erde zugeschaltet werden. Auch wird die KI in Zukunft im Arbeitsalltag revolutionieren. Statt VR-Brillen werden Linsen aufgelegt, in die eine feine Projektionsfläche eingebaut ist. Spricht man mit Kollegen aus einem anderen Sprachraum, werden Untertitel automatisch auf der Linse eingeblendet oder gleich simultan in Audio übertragen. Insolvenzen mit Auslandsbezug lassen sich einfacher bearbeiten. Meetings mit Beteiligten aus anderen Ländern und die Verständigung über Sprachgrenzen hinweg werden erleichtert. Den nächsten Themenschwerpunkt legte er auf die digitalen Rechtsdienstleister. Digitale Rechtsdienstleister, auch als Legal Tech-Unternehmen bekannt, nutzen innovative Technologien, um juristische Dienstleistungen effizienter, zugänglicher und kostengünstiger zu gestalten. Neben digitalen Rechtsdienstleistern wurde auch besonders auf den Themenschwerpunkt KI an deutschen Gerichten eingegangen, da diese hier immer mehr Relevanz erfährt. In China wurde bereits vor 2022 mit einer Software experimentiert, welche für einige Tatbestände die Anklage der Staatsanwaltschaft übernahm. Auch die Aufgaben von Richtern können hierbei teilweise ebenfalls von der Software übernommen werden. Mehrere deutsche Gerichte sind bereits damit befasst diesen Einsatz von KI zu erproben. Letztlich betonte Römermann, dass die Voraussetzungen für den Einsatz von KI ein gutes Datenmanagement, d.h. ausreichend qualitativ hochwertige Daten und Schutz von sensiblen Daten, darstellen.

Nach einer kurzen Kaffeepause referierte Patrik-Ludwig Hantzsch, der als Leiter der Wirtschaftsforschung und Pressesprecher mit den Arbeitsschwerpunkten Konjunkturentwicklung, Insolvenzgeschehen, Neugründungen/Schließungen in Deutschland und Europa, Finanzierung und Entwicklung mittelständischer Unternehmen bei der Creditreform tätig ist. Zunächst gab er einen kurzen Überblick über die Tätigkeiten der Creditreform und nahm das derzeitige Insolvenzgeschehen in den Fokus. Er präsentierte die druckfrischen Entwicklungen in Deutschland und erläuterte, dass sowohl die Unternehmensinsolvenzen als auch die Privatinsolvenzen im Jahr 2023 einen beachtlichen Anstieg verzeichnen. Dennoch kann hier nicht von einer Insolvenzwelle gesprochen werden, sondern lediglich von einer Normalisierung. Insbesondere die Bauwirtschaft fällt in den Fokus „Bauen mit Bauchschmerzen“. Im Zuge dessen beschrieb er das Fallbeispiel Signa-Gruppe. Die Signa-Gruppe ist eine österreichische Immobilien- und Handelsgruppe, die von René Benko gegründet wurde und sich derzeit in finanzieller Schieflage befindet.

Abschließend gab Herr Hantzsch noch einen Überblick über die aktuellen Wirtschaftstrends, mit dem Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit. ESG steht für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Governance. Es handelt sich um einen Begriff, der im Zusammenhang mit nachhaltigen und verantwortungsbewussten Investitionen sowie Unternehmensführung verwendet wird. Die ESG-Kriterien dienen als Maßstab für die Bewertung der sozialen und Umweltauswirkungen von Investitionen und Unternehmen sowie der Qualität der Unternehmensführung.

Den letzten Vortrag des 10. Essener Insolvenzforum hielt Markus Bitzer zum Thema Insolvenz im Fadenkreuz der Zollbehörden. Seit 2021 ist er selbständig und berät Unternehmen, Steuerberater und Rechtsanwälte oder unterstützt bei Steuerstrafverfahren. Seinen Themenschwerpunkte legt er auf den Zoll, Waffen und Geldwäsche.

Der „Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union (EU)“ ist ein rechtlicher Rahmen, der darauf abzielt, die finanziellen Ressourcen der EU vor Betrug, Korruption und anderen rechtswidrigen Handlungen zu schützen. Der Zoll spielt dabei laut Bitzer eine entscheidende Rolle. Dieser diene zum Schutz vor illegalen Handlungen und der Sicherheit von Bewohnern, Tieren und der Umwelt. Im Nachgang griff Bitzer das Thema Waffen auf und ging der Frage nach, welche Risiken sich in diesem Zusammenhang für den Insolvenzverwalter ergeben. SRNL 2023 S. 15 (18)Gem. § 37c WaffG, so beschreibt er, ist die Inbesitznahme einer Waffe anzeigepflichtig. Wird diese Meldung nicht vollständig oder in vorgeschriebener Weise rechtzeitig ersttatet, muss mit Geldbußen bis zu 10.000 € gerechnet werden. Neben dem Schwerpunkt Waffen ging Herr Bitzer in seinem Vortrag ausführlich auf die Thematik der Geldwäsche ein. Auch hier spielt der Zoll bei der Bekämpfung von Geldwäsche eine wesentliche Rolle, insbesondere im Kontext des internationalen Warenverkehrs. Insolvenzverwalter müssen sicherstellen, dass ihre Tätigkeiten im Einklang mit den Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche stehen. Er empfiehlt unter anderem die vorhandenen Geldwäsche-Maßnahmen im insolventen Unternehmen zu prüfen und rät zur Vorsicht bei Kaufgeschäften im Rahmen des Weiterbetriebs und Hellhörigkeit, wenn Interessenten gezielte Produktionsmittel oder Warenbestand kaufen wollen.

Sollten im Rahmen des Verfahrens verdächtige Vorgänge auffallen, ist die Meldung von Verdachtsfällen ein wichtiger Schritt im Rahmen der Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Bei Waffen empfiehlt er ausdrücklich „Finger Weg!“

Insgesamt bot das Essener Insolvenzforum 2023 nicht nur einen umfassenden Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Insolvenzverwaltung, sondern stellte zusätzlich eine wertvolle Plattform für den Austausch von Wissen, Erfahrungen und zukunftsweisenden Ideen dar. Insbesondere die stattgefundene Interaktion über persönliche Erfahrungen bot den Teilnehmenden neben der Erweiterung des Netzwerkes einen bedeutenden Mehrwert.

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Julika Demmer und Jana Hoffmann – Geschäftsführerinnen der DH Personalsachbearbeitung GmbH unterstützen Kanzleien insbesondere im Bereich Insolvenzgeld, Vorfinanzierung und Differenzlohn.

 
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