Im Blickpunkt
Die Corona-Krise hat nach Einschätzung von Experten nur geringfügige Auswirkungen auf den Sustainable-Finance-Markt. Das zeigt eine Befragung der Management- und Technologieberatung BearingPoint unter mehr als 30 Branchenexperten in der Hochphase des Lockdown (PM Bearing Point vom 25.6.2020). Konkrete Vorhaben zur Umsetzung von Sustainable Finance-Maßnahmen hätten zwar laut den Experten an Geschwindigkeit verloren, von deren Notwendigkeit seien die Finanzinstitute aber weiterhin überzeugt. Doch gebe es unterschiedliche Bewertungen hinsichtlich der Priorisierung von Sustainable Finance seit Beginn der Corona-Krise. Während 46 % der befragten Experten der Meinung seien, dass Sustainable Finance seitdem eine niedrigere Priorität einnimmt, fänden 27 %, dass Sustainable Finance durch die Corona-Krise sogar noch an Bedeutung gewonnen hat. Weitere 27 % gäben an, dass sich ihrer Meinung nach an der Priorisierung nichts geändert habe. – Mitte Juli ist die vom europäischen Gesetzgeber verabschiedete EU-Taxonomie als Klassifizierungssystem für “grüne Aktivitäten” in Kraft getreten. In dieser Ausgabe beschäftigt sich Lanfermann mit den Auswirkungen dieser Verordnung auf die Unternehmensberichterstattung. – Im Zuge der Consultation on the Renewed Sustainable Finance Strategy der Europäischen Kommission (KOM) hat das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) die KOM scharf kritisiert (www.drsc.de). Gegenstand der Kritik ist die durch die KOM erneut angefachte Debatte über die vermeintliche Schwäche der IFRS-Regeln, nachhaltige Investitionen zu behindern. Bereits die Konsultation zum Fitness Check betreffend die EU-Vorgaben zur Unternehmensberichterstattung im Jahr 2018 als auch entsprechende Untersuchungen von ESMA und EFRAG im Nachgang zum Fitness Check hätten gezeigt, dass es für diese Vermutung keine fundierten Anhaltspunkte gibt. Ferner bekräftigt das DRSC in seiner Stellungnahme an die KOM, dass die Unternehmensberichterstattung hier kein geeignetes politisches Lenkungsinstrument darstelle. Sie besitze eine Informations- und eine Rechenschaftsfunktion. Die politisch motivierte Einflussnahme auf das Verhalten von Wirtschaftsakteuren solle hingegen primär direkt – wie z. B. über eine CO2-Bepreisung – erfolgen.
Gabriele Bourgon, Ressortleiterin Bilanzrecht und Betriebswirtschaft