Im Blickpunkt
Der Deutsche Steuerberaterkongress, den die BStBK am 29./30.5.2017 in München durchgeführt hat, begann mit Auftaktreden, die “es in sich hatten”: So forderte Bayerns Finanzminister Markus Söder die Abschaffung des Solidaritätszuschlags “vielleicht in fünf Jahren, lieber aber früher”, da der Aufbau Ost erfüllt sei. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erwägt hingegen eine Abschaffung zwischen den Jahren 2020 und 2030. Der Präsident der BStBK, Raoul Riedlinger, warnte vor einer Vermögensteuer, da für eine solche das gesamte Vermögen bewertet werden müsste. “Wie aber will man einen Rembrandt bewerten?” Er sprach sich für die Abschaffung der Abgeltungsteuer aus und ist darin mit dem Bundesfinanzminister nicht einig. Dieser hält dies allenfalls für Zinsen machbar, nicht aber für Dividenden. Riedlinger hinterfragte auch die GewSt. Besonders hart ging er die Pläne der EU-Kommission an, für künftige Änderungen des Berufsrechts schematisch ein Notifizierungsverfahren einzuführen. Damit setze sich die Kommission an die Stelle des nationalen Gesetzgebers; sie greife “massiv” in die Selbstverwaltung der steuerberatenden Berufe ein. Rudolf Mellinghoff, Präsident des BFH, kritisierte die “Schlusshektik” des Gesetzgebers, die “hochgradig besorgniserregend und verstörend” sei, der Gewaltenteilung widerspreche und mit einer rechtsstaatlichen Gesetzgebung “kaum noch etwas gemein” habe. Konkret bezog er sich auf Anpassungen an die Europäische Datenschutz-Grundverordnung. Verwendet werden sog. “Formulierungshilfen”. Darin formulieren Ministerien Textbausteine aus und senden sie an das Parlament. Mangels Alternativen und Ressourcen mache das Parlament sich diese zu eigen. Anhörungen finden nur noch selten statt. Alternativen oder Bedenken könnten daher nicht mehr vorgebracht werden, so z. B. bzgl. der o. a. Verordnung auch steuer(verfahrens)rechtliche Aspekte. Damit werde z. B. das BMF in die Lage versetzt, “sich eigene Gesetze zu schreiben”. Mellinghoff wetterte: Das sei “Gesetzgebung nach Gutsherrenart, die einer parlamentarischen Demokratie unwürdig und zumindest verfassungspolitisch verfehlt” sei. Daraus kann nach hier vertretener Auffassung abgeleitet werden, dass sich beschwerte Bürger ggf. im Rahmen einer Klage gegen so durch das parlamentarische Verfahren “gepeitschte” Gesetze mit derartigen Formulierungshilfen wehren sollten.
Udo Eversloh, Ressortleiter Steuerrecht