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BB 2020, 661
 

Im Blickpunkt

Abbildung 9

Cum-Ex! Ein Steuerskandal hält alle Akteure, die mit Steuerrecht und Recht zu tun haben, in Atem. So muss sich der Steuergesetzgeber den Vorwurf gefallen lassen, dass er trotz Kenntnis nichts gegen die Gesetzessystematik unternommen habe. Die Meinungen dazu gehen unter den Politikern auseinander: Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) sieht einen “klaren Fall von Staatsversagen”. “Die staatlichen Strukturen, die den Skandal ermöglicht haben, sind bis heute dieselben”. Fritz Güntzler (CDU/CSU) hält dagegen: Erst mehrere neue Gesetzesänderungen hätten “Cum-Ex den Garaus gemacht”. “Nur die Gerichte” könnten den Skandal beenden. Wobei wir bei der Justiz angelangt sind. Als erstes hat sich das FG Köln zur finanzgerichtlichen Dimension von “Cum-Ex” geäußert. Das LG Bonn und das LG Wiesbaden beschäftigt die strafrechtliche Dimension des Themas. Die Beraterschaft steht naturgemäß hier im Focus. Wurden die Modelle zunächst als Steuergestaltungen am Hochreck angesehen, so ist nunmehr das Image geradezu in den Keller gerauscht. Die Berater, die in diesem Themenumfeld aktiv waren, sehen sich auf der einen Seite materiellen Forderungen ausgesetzt, wie die Einigung des Insolvenzverwalters der Maple Bank mit Freshfields zeigt, und auf der anderen Seite imageschädigender Berichterstattung, so der Fall der Durchsuchung der ABN Amro und die in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe gegen Clifford Chance. Hochschullehrer stehen in der Kritik, Gefälligkeitsgutachten verfasst zu haben. Aber auch die Banken stehen bei diesen Geschäften im Fadenkreuz. Hier geht es in erster Linie um die Rückzahlung von zu Unrecht erstatteten Steuern und Schadensersatz, wie der Fall der Warburg Bank Hamburg zeigt. Wer nun meint, die Finanzverwaltung sei aus dem Schneider, sieht sich durch die Berichterstattung um diesen letzteren Fall mit Überschriften konfrontiert wie: “Hamburg verzichtet auf 47 Mio. Euro”. Angespielt wird auf möglicherweise verjährte Rückforderungsansprüche. Fehlt nun noch der letzte Akteur auf diesem Feld, die Presse. Auch diese hat sich des Themas angenommen und den Fall Warburg zeitlich vor die Hamburg Wahl platziert, was natürlich Zufall sein kann. Dennoch sieht sich Das Erste zu einer Stellungnahme zur Cum-Ex-Berichterstattung veranlasst. Es ist hier nicht der Raum, sich inhaltlich mit den verschiedensten Argumenten, Vorwürfen und Stellungnahmen auseinanderzusetzen. Aber der aufmerksame Betrachter wird den Gedanken nicht los, dass es in der jüngeren Vergangenheit kaum ein derart vermintes steuerliches Gebiet gab.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

 
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