Im Blickpunkt
Am 16.6.2020 hat die Bundesregierung den Gesetzesentwurf zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft auf den Weg gebracht, der u. a. folgende Kernpunkte enthält: die Anhebung des Sanktionsrahmens, die Entschädigung der Betroffenen, Beschuldigtenrechte für Unternehmen sowie einen klaren Rechtsrahmen für unternehmensinterne Untersuchungen (ausführlich dazu Nolte/Michaelis, BB 2020, 1154). Während der DIHK das Timing des Gesetzgebungsverfahrens mitten in der Corona-Krise als “ausgesprochen unglücklich” beurteilt, führe das Verbandssanktionsgesetz (VerSanG) doch genau in dieser kritischen Zeit erhebliche Belastungen besonders für kleine und mittlere Unternehmen ein (s. SN DIHK vom 12.6.2020), betont Bundesjustizministerin Lambrecht die Notwendigkeit des Gesetzes gerade in diesen Zeiten zum Schutz vieler Arbeitsplätze, die durch Skandale gefährdet werden, zum Schutz der Verbraucher und des fairen Wettbewerbs (PM BMJV vom 16.6.2020). Demgegenüber moniert der DIHK die Gefahr einer pauschalen Kriminalisierung der Wirtschaft und die mangelnde Notwendigkeit für ein VerSanG. Es ist davon auszugehen, dass die Diskussionen, die bereits im Zusammenhang mit dem Vorgängerentwurf zum VerSanG geführt wurden (s. dazu Eggers, BB 2019, 3010), auch nach Vorlage des Gesetzesentwurfs nicht abebben werden, zumal vermutlich etliche Stellungnahmen allein aufgrund des Zeitmoments keine hinreichende Berücksichtigung mehr vor der Beschlussfassung am 16.6.2020 haben finden können. So hat bspw. auch der DAV noch am 15.6.2020 beanstandet, der Referentenentwurf verstoße gegen grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien (s. SN DAV 39/20). Kritisch äußern sich auch Reuter/Redenius-Hövermann/Strenger auf der “Ersten Seite” in diesem Heft: Der Entwurf treffe die Falschen, verfehle sein Ziel und verletze auch die Grundrechte der Anteilseigner.
Dr. Martina Koster, Ressortleiterin Wirtschaftsrecht