Im Blickpunkt
Dass die Finanztransaktionssteuer eine Herzensangelegenheit des Finanzministers Scholz ist, ist bekannt. Dass der erste Entwurf keine Zustimmung und Mehrheiten fand, auch. Einige EU-Staaten, darunter auch vor allem Österreich, lehnten den Entwurf ab. Nun hat Scholz seine Pläne für die Finanztransaktionssteuer nachgebessert. Danach soll es so sein, dass neben der Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene die Nationalstaaten ihre bereits eingeführten nationalen Steuern beibehalten können. Damit wird das ursprüngliche Projekt weiter ad absurdum geführt. Zunächst verhandelten zehn EU-Staaten über die Einführung der Finanztransaktionssteuer, um die Umsätze der im Inland ausgegebenen Aktien einer Abgabe zu unterwerfen, geplant waren 0,2 Prozent. Hiergegen protestierte Österreichs Bundeskanzler Kurz. Er erklärte, dass mit der geplanten Steuer die hochspekulativen Geschäfte und Derivate nicht erfasst werden (Süddeutsche Zeitung v. 3.2.2020). Dagegen müssten Sparer, die in der Niedrigzinsphase in Aktien investierten, diese Steuer bezahlen. Nach dem jetzigen Entwurf will Scholz mit der Finanztransaktionssteuer die nationalen Abgaben nicht ersetzen. Voraussetzung soll aber sein, dass die nationalen Steuern identisch mit der geplanten Steuer auf EU-Ebene sind. Die Hoffnung des Finanzministers ist, dass Österreich für die Beibehaltung seines Konzeptes den Widerstand gegen die EU-Lösung aufgibt. Die Kritik folgte prompt. Diese betrifft das Nebeneinander unterschiedlicher nationaler Regelungen, was im Ergebnis zu einem europäischen Flickenteppich an Regelungen führt. Ob dies mit der Idee integrierter europäischer Kapitalmärkte im Einklang steht, darf bezweifelt werden. Auch der Bundesverband Deutscher Banken hat sich zu den neuerlichen Plänen geäußert. Offensichtlich ist der Druck auf den Finanzminister, die Einnahmen für die Finanzierung der Grundrente zu besorgen, derart groß, dass strukturelle oder gar dogmatische Überlegungen zur Einführung der Finanztransaktionssteuer komplett an die Seite geschoben werden. Ob der neuerliche Entwurf nun Unterstützung findet?
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht