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Teilzeitarbeit (2017), S. 15—19 
I. Einleitung 
Dr. Wolfgang Hamann 

Die Anzahl derjenigen Menschen, die einer Teilzeitarbeit nachgehen, nimmt seit Jahren zu. War Anfang der neunziger Jahre noch jedes neunte als Hauptbeschäftigung ausgeübte Arbeitsverhältnis ein Teilzeitarbeitsverhältnis, war dies im Jahr 2013 schon bei mehr als jedem vierten der Fall.

Abbildung 1: Entwicklung des Anteils der Teilzeitarbeit in Deutschland seit 1991; Datenquelle: eurostat v. 31. 03.2015

Die Gründe für die verstärkte Nutzung der Teilzeitarbeit sind vielfältig. Arbeitgeberseitig kann mit Hilfe der Teilzeitbeschäftigung ein begrenzter Beschäftigungsbedarf abgedeckt werden. Zudem lässt sich mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern in Teilzeit eine größere Flexibilität beim Personaleinsatz erreichen. Die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten kann beispielsweise auf einen zu einer bestimmten Tageszeit oder während einer Saison erfahrungsgemäß erhöhten Arbeitsanfall abgestimmt werden. Ein besonderes Flexibilisierungspotenzial verschafft dem Arbeitgeber die Arbeit auf Abruf, bei der die Arbeitszeit situativ dem Beschäftigungsbedarf angepasst wird.

Nicht selten liegen die Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung auf Seiten der Beschäftigten. Eine beträchtliche Anzahl erwerbsfähiger Menschen sehen sich an einer Vollzeittätigkeit aus Gründen gehindert, die in ihrer privaten Lebenssituation oder ihrem gesellschaftlichen, sozialen oder politischen Engagement liegen. Arbeitgeber, die diesen Bedürfnissen entgegenkommen, können diese Personen an sich binden und so zu einer kontinuierlichen Personalentwicklung beitragen. Auch wenn Beschäftigte die sich durch Teilzeitbeschäftigung ergebenden Freiräume zur Qualifizierung und Weiterbildung nutzen, liegt das nicht zuletzt im Interesse der Arbeitgeber.

In den meisten Fällen scheitert die vollberufliche Tätigkeit jedoch immer noch an der fehlenden Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dies wiederum 16 betrifft überwiegend Frauen. Mehr als 50% der im Jahre 2012 in Teilzeit tätigen Frauen begründeten die Teilzeitbeschäftigung mit erforderlicher Betreuung von Angehörigen oder sonstiger familiärer Verantwortung. Die in Teilzeit tätigen Männer hingegen gaben als wichtigste Gründe für die Teilzeitbeschäftigung an, diese entweder für die Aus- oder Weiterbildung zu nutzen oder arbeitsmarktbedingt keine Vollzeittätigkeit zu finden.

Abbildung 2: Gründe für Teilzeitbeschäftigung, Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, zit. nach WSI GenderDatenPortal 2014

Dementsprechend sind erheblich mehr Frauen teilzeitbeschäftigt als Männer. Bezogen auf das Jahr 2013 betrug die Teilzeitquote bei den Frauen 46,7%, bei den Männern 9,1%. Aus diesem Grunde ist die Regulierung von Teilzeitbeschäftigung auch unter dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit zu diskutieren.

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Abbildung 3: Erwerbstätigen- und Teilzeit-Anteil für Frauen und Männer 2013 im Vergleich; Datenquelle: eurostat vom 11. 12.2014 und 31. 03.2015

Auffällig ist, dass die Teilzeitquote von Müttern mit minderjährigen Kindern deutlich über derjenigen von Frauen ohne Kind (69,5% zu 36,4%) liegt, während Väter deutlich seltener in Teilzeit arbeiten als Männer ohne Kinder (5,6% zu 9,5 %). 1

Die Gründe für Teilzeitarbeit sind jedoch nicht nur in der Kindererziehung zu suchen. Soll es in einer alternden Gesellschaft ermöglicht werden, dass ältere und pflegebedürftige Menschen in ihrer häuslichen oder familiären Umgebung verbleiben, muss für Angehörige die Gelegenheit bestehen, Pflege und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Auch behinderte Menschen sind häufig auf Teilzeitarbeitsplätze angewiesen.

Diesen individuellen Belangen und Zielen wird das Vollzeitarbeitsverhältnis nicht immer gerecht. Es berücksichtigt nicht hinreichend, dass sich die Lebensumstände der Arbeitnehmer im Laufe eines Arbeitslebens verändern können und hierauf eine flexible Antwort gefunden werden muss. Eine einvernehmliche Reduzierung der Arbeitszeit wird nicht selten am fehlenden Einverständnis des Arbeitgebers scheitern.

18 Ein Instrument, mit dem der Gesetzgeber den geschilderten Interessenkonflikten begegnet, ist die Schaffung sog. „Teilzeitansprüche 2 : Arbeitnehmer erhalten im laufenden Arbeitsverhältnis einen durchsetzbaren Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit. Die bedeutsamen gesetzlichen Regelungen sind:

Gesetzlich geregelte Teilzeitansprüche

Allgemeiner Teilzeitanspruch, § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

Teilzeitanspruch für in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer, § 15 Abs.5 bis 7 Bundeselternzeitgesetz (BEEG)

Teilzeitanspruch während Pflegezeiten, §§ 3, 4 Pflegezeitgesetz (PflegeZG)

Teilzeitanspruch in der Familienpflegezeit, § 2 Abs.1 Familienpflegezeitgesetz (FPflZG)

Teilzeitanspruch für schwerbehinderte Arbeitnehmer, § 81 Abs.5 Satz 3 SGB IX

Die praktische Bedeutung der verschiedenen Instrumente unterscheidet sich erheblich. Während ein großer Teil der vor der Geburt erwerbstätigen Mütter und – wenn auch in geringerem Umfang – Väter Elternzeit nutzen, wurden nach Angaben der Bundesregierung 3 bis zum 28. 01.2013 insgesamt lediglich 147 Anträge auf Förderdarlehen in der Familienpflegezeit gestellt, woraus der Schluss auf eine vergleichsweise geringe Nutzung der damit verbundenen Familienpflegezeit gezogen werden kann.

Die Schaffung eines einklagbaren Anspruchs auf Teilzeitarbeit ist aus grundrechtlicher Perspektive nicht unproblematisch. Das Recht, eine Verringerung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit durchsetzen zu können, beschränkt die durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs.1 des Grundgesetzes geschützte Vertragsfreiheit. Andererseits werden anerkannte soziale Ziele verfolgt und ihre Ausübung ist an gesetzlich definierte Voraussetzungen geknüpft. Deren Einhaltung wiederum unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Das Recht des Arbeitnehmers, die Verkürzung seiner Arbeitszeit in besonderen Lebenslagen einseitig durchsetzen zu können, bildet das Pendant zum Recht des Arbeitgebers, den Arbeitszeitumfang bei betrieblicher Notwendigkeit vorübergehend, etwa zum Zwecke der Einführung von Kurzarbeit, oder dauerhaft durch Änderungskündigung zu reduzieren. Diese Interessenlage erklärt auch, weshalb der Gesetzgeber bislang bei der Schaffung von Ansprü 19 chen auf Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit, also der den Arbeitgeber stärker belastenden Arbeitszeiterhöhung, eher zurückhaltend agiert hat.

Die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der einzelnen Teilzeitansprüche sind durchaus unterschiedlich geregelt. In den nachfolgenden Kapiteln werden diese im Einzelnen dargestellt und an entsprechender Stelle Hinweise, Beispiele zum besseren Verständnis sowie praktische Tipps gegeben. Neben den gesetzlich geregelten Fällen wird auch der praktisch bedeutsame tarifliche Arbeitszeitverringerungsanspruch nach § 11 TVöD behandelt.

1 WSI GenderDatenPool, Teilzeitquoten nach Elternschaft und Alter des jüngsten Kindes, 2011.
2 Der Begriff „Teilzeitanspruch“ ist nicht ganz treffend, denn auch bereits in Teilzeit Beschäftigte können ihre Arbeitszeit weiter verringern. Sachlich korrekt handelt es sich um Ansprüche auf Verringerung der Arbeitszeit. Wenn im Folgenden der Begriff „Teilzeitanspruch“ verwendet wird, dann geschieht dies im vorgenannten Verständnis.
3 BT-Drs. 17/12330.
 
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