R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Suchmodus: genau  
Header Pfeil
 
 
NUR 2024, 1
Kühling 

Postnovelle jetzt – aber richtig!

Prof. Dr. Jürgen Kühling*

Abbildung 1

Beihilfenrecht; Post; – Briefe; – Pakete; Postrechtsmodernisierungsgesetz; Umsatzsteuerbefreiung; Universaldienst

Es besteht dringender Reformbedarf in der Postordnung. In den vergangenen 25 Jahren seit Inkrafttreten des jetzigen PostG haben sich die Anforderungen der Gesellschaft an Postdienstleister erheblich gewandelt. Die Marktdaten zeigen einerseits einen anhaltenden Briefmengenrückgang und andererseits einen Paketmengenanstieg. Anders als im Paketbereich ist es im Briefbereich noch immer nicht gelungen, nachhaltige Wettbewerbsstrukturen zu schaffen. Eine wichtige Ursache hierfür ist, dass die wettbewerbsfördernden Elemente des PostG bislang nie hinreichend gestärkt wurden.

In der letzten Legislaturperiode ist die Postreform immer weiter nach hinten geschoben worden, um dann zum „Reförmchen“ eingedampft mehr schädliche als nützliche Elemente für den Wettbewerb im Postmarkt zu haben. Das muss dieses Mal unbedingt vermieden werden. Der von der Bundesregierung am 20. Dezember 2023 beschlossene Entwurf für ein neues PostG greift viele Vorschläge der Monopolkommission aus vergangenen Gutachten auf. Das gilt etwa für die geplante Erweiterung des Teilleistungszugangs für Briefe auf Warensendungen bis 2000 Gramm. So steigen die Chancen für den Wettbewerb im derzeit im Wachstum befindlichen Markt für Warensendungen. Ferner wird der Gesetzesvollzug gestärkt mit breiteren Auskunftsrechten und Sanktionsinstrumenten der Bundesnetzagentur. Das geht in die richtige Richtung, auch wenn die Monopolkommission in ihrem jüngsten Sektorgutachten Post vom Dezember 2023 auf weitere Verbesserungspotentiale insbesondere bei der Entgeltregulierung hingewiesen hat (Monopolkommission, 13. Sektorgutachten Post, BT-Drs. 20/9836 [Vorabfassung], 129).

All das ist jedoch die Mühe nicht wert, sollte es zu der im Gesetzentwurf ebenfalls vorgesehenen Ausweitung der Umsatzsteuerbefreiung einiger Dienstleistungen der Deutschen Post AG (DPAG) auf weitere Kundengruppen kommen. Schon jetzt hat der Platzhirsch einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Dieser würde massiv steigen. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Betrieb eigener Zustellnetze, die in Konkurrenz zum Teilleistungszugang der DPAG stehen, in vielen Fällen unrentabel würde. Es droht nicht weniger als ein nahezu vollständiger Zusammenbruch, mindestens aber wesentlicher Teile des Wettbewerbs im Briefbereich. Dabei ist ein solcher Schritt unionsrechtlich nicht vorgegeben. Ganz im Gegenteil stellt die Ausweitung der Befreiung einen potentiellen Verstoß gegen das EU-Beihilfenrecht dar. Hinzu kommt, dass im Gesetzentwurf zu Recht die Kosten für die Erbringung des Universaldienstes dadurch wesentlich reduziert werden sollen, dass Erleichterungen etwa bei den Laufzeiten erfolgen. Eine weitere Kostenentlastung der DPAG zum Nachteil des Wettbewerbs ist also zur Finanzierung des Universaldienstes nicht erforderlich.

Es wäre eine böse Ironie, sollte mit der Postnovelle die DPAG letztlich mit ihrer unhaltbaren These doch recht bekommen, dass in schrumpfenden Briefmärkten der Wettbewerb ein Auslaufmodell ist.

*

Universität Regensburg, Vorsitzender der Monopolkommission.

 
stats