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RIW 2020, I
Frank-Fahle/Zimmermann 

Die erstmalige Auswertung der Daten zum Country-by-Country-Reporting seitens der OECD

Abbildung 1

Abbildung 2

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Anfang Juli 2020 die zweite Ausgabe ihres Berichts zur Unternehmenssteuerstatistik (Corporate Tax Statistics, 2nd edition) veröffentlicht. Erstmals wird dabei auf die Ergebnisse zum Country-by-Country Reporting (CbCR) eingegangen. Die veröffentlichten Daten liefern Informationen über die globalen Steuer- und Wirtschaftsaktivitäten von nahezu 4000 multinationalen Unternehmensgruppen (MNE), deren Hauptsitze sich über 26 Jurisdiktionen und deren Tätigkeiten sich auf mehr als 100 Länder weltweit erstrecken. Die Daten gelten als bedeutendes Ergebnis, das auf den länderspezifischen Anforderungen für multinationale Unternehmen zum Country-by-Country Reporting im Rahmen des OECD und G20 Projekts “Base Erosion and Profit Shifting” (BEPS) basiert.

Maßstab für die anonymisierten und zusammengefassten CbCR-Statistiken ist das Jahr 2016. Die Reporting-Statistiken wurden seitens der Mitgliedstaaten des “Inclusive Framework on BEPS” der OECD zur Verfügung gestellt. Der Datensatz gibt Aufschluss über den Gewinn vor Steuern, über die gezahlten Körperschaftsteuern, über im laufenden Jahr angefallene Körperschaftsteuern, über Umsätze von sowohl verbundenen als auch nicht verbundenen Parteien, über die Anzahl von Mitarbeitern, über Sachanlagen sowie über die Hauptaktivitäten der betroffenen multinationalen Unternehmen.

Obwohl die CbCR-Daten einige Vorbehalte und Einschränkungen enthalten und es nahezu unmöglich ist, aus einem einzigen Beurteilungsjahr auf Trends im BEPS-Verhalten zu schließen, lassen die neuen anonymisierten Statistiken eine Reihe vorläufiger Feststellungen zu, die auf BEPS, d. h. schädliche Steuerpraktiken hindeuten:

(1) So gibt es eine Diskrepanz zwischen dem Ort, an dem Gewinne gemeldet werden, und dem Ort, an dem wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden, wobei multinationale Unternehmen in Investitionszentren (Jurisdiktionen mit einem Gesamtvolumen an ausländischen Direktinvestitionen im Inland von über 150 % des BIP) einen relativ hohen Anteil an Gewinnen (25 %) im Vergleich zu ihrem Anteil an Beschäftigten (4 %) und Sachanlagen (11 %) melden.

(2) Ferner sind die Einnahmen pro Mitarbeiter tendenziell höher, wenn die gesetzlichen Körperschaftsteuersätze bei 0 % liegen oder es sich um Investitionszentren handelt. Der Durchschnittswert der Einnahmen pro Mitarbeiter liegt in Ländern ohne Körperschaftsteuer über 1,4 Mio. USD, während dieser Wert bei Ländern mit einem Körperschaftsteuersatz von über 20 % bei 370 000 USD liegt. In Investitionszentren liegt der Medianwert der Einkünfte pro Mitarbeiter bei 1,1 Mio. USD, während in anderen Jurisdiktionen die Einkünfte pro Mitarbeiter höher sind (Volkswirtschaften mit hohem Einkommen: 390 000 USD, mit mittlerem Einkommen: 180 000 USD und mit niedrigem Einkommen: 150 000 USD).

(3) Im Durchschnitt ist der Anteil der Einnahmen von verbundenen Parteien an den Gesamteinnahmen bei multinationalen Unternehmen in Investitionszentren höher. Unter verbundenen Parteien werden dabei Transaktionen zwischen Unternehmen verstanden, die von demselben multinationalen Unternehmen kontrolliert werden. Die Einnahmen von verbundenen Unternehmen machen durchschnittlich 40 % der Gesamteinnahmen in Investitionszentren aus, während der Durchschnittswert der Einnahmen von verbundenen Unternehmen in Ländern mit hohem, mittlerem und niedrigem Einkommen zwischen 5 % und 20 % liegt.

(4) Die Zusammensetzung der Geschäftstätigkeit kann nicht pauschaliert werden und unterscheidet sich je nach Land. Grundsätzlich gehören Vertrieb, Produktion und Dienstleistungen in den meisten Ländern zu den vorherrschenden Geschäftsaktivitäten von multinationalen Unternehmen. Eine Ausnahme besteht jedoch für Investitionszentren. Hier liegt die vorherrschende Geschäftsaktivität im “Halten von Aktien und anderen Beteiligungsinstrumenten”. Diese Konzentration von Holdinggesellschaften in den Investitionszentren ist ein Risikobewertungsfaktor und könnte ein Anzeichen für bestimmte Steuerplanungsstrukturen sein.

Wenn auch die Daten nur Informationen für das Jahr 2016 liefern und insofern begrenzt sind, sind sie dennoch ein Hinweis auf das Vorliegen von Praktiken, die durch das BEPS-Projekt ausgeschlossen werden sollen. Insofern unterstreichen die Daten die Notwendigkeit, die laufenden internationalen Bemühungen des “Inclusive Framework on BEPS” zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen – insbesondere auf Grund der Digitalisierung – zu intensivieren und die verbleibenden BEPS-Fragen im Rahmen von “Pillar 2” weiter zu behandeln. Die Auswertung zeigt ferner, dass die Körperschaftsteuer weiterhin eine bedeutende Einnahmequelle für Regierungen weltweit ist, die im Jahr 2017 durchschnittlich 14,6 % (Vergleich zu 2000: 12,1 %) der gesamten Steuereinnahmen in den OECD-Mitgliedstaaten ausmacht. Eine noch größere Bedeutung erfährt die Unternehmensbesteuerung in den Entwicklungsländern, die durchschnittlich 18,6 % aller Steuereinnahmen in Afrika und 15,5 % in Lateinamerika und der Karibik ausmachen.

Schließlich werden in den Statistiken erstmals Informationen über Regelungen im Hinblick auf aus dem Ausland kontrollierte Unternehmen gesammelt. Die Bestimmungen stellen in erster Linie eine Besteuerung bestimmter Tätigkeits- bzw. Einkommenskategorien von multinationalen Unternehmen im Zuständigkeitsbereich der Muttergesellschaft sicher. Hierdurch wird bestimmten Offshore-Strukturen entgegengewirkt, die zu keinem oder einem unbegrenzten Steueraufschub führen, womit sie dem BEPS-Aktionspunkt 3 entsprechen. Außerdem bietet die Statistik neue Daten über Regelungen zur Zinsbeschränkung, die zum Verständnis der Fortschritte im Zusammenhang mit der Umsetzung des BEPS-Aktionspunkts 4 beitragen können.

Dr. Constantin Frank-Fahle, LL.M., Rechtsanwalt, und Marc Zimmermann, Rechtsanwalt

 
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