Im Blickpunkt
Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) hat sich kritisch zu dem, im Koalitionsvertrag von Union und SPD verankerten Ziel bei Körperschaften und Personengesellschaften sukzessive auf die Selbstveranlagung umzustellen, geäußert. Aus Sicht des DStV stellt die beiläufige Nennung des Ziels einen Paradigmenwechsel dar. Die bisherige Praxis, dass das Finanzamt nach Prüfung der Steuererklärung einen Steuerbescheid und damit die Steuer festsetzt wird dahingehend geändert, dass Gesellschaften ihre Steuer selbst berechnen, anmelden und entrichten, wie bei der Umsatzsteuer. Die Steuerfestsetzung durch das Finanzamt entfiele. Zwar begrüßt der DStV grundsätzlich das Ziel, das Besteuerungsverfahren zu modernisieren und elektronische Abläufe zu stärken und bestreitet auch nicht die Notwendigkeit in Zeiten von Personalmangel eines elektronisches Selbstveranlagungsverfahren in den Massenverfahren. Er mahnt eine ausgewogene Gestaltung und Umstellung des Systems an. Die Verwaltung dürfe nicht aus der Verantwortung entlassen und den Unternehmen die gesamte Verantwortung für das Besteuerungsverfahren aufgebürdet werden. Hiermit sei zwangsweise ein größeres Risiko verbunden, was gerade kleine und mittlere Betriebe und deren Berater vor Herausforderungen zu tragen hätten. Eine tiefgreifende Änderung der Verfahrenssystematik der Abgabenordnung wäre die Folge. Die Steueranmeldung führt kraft Gesetzes immer zu einer Steuerveranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Vor Ablauf der gesetzlichen Festsetzungsfrist könnte das Finanzamt jederzeit die Steuerfestsetzung ändern. Eine Bestandskraft durch Steuerbescheid gehörte dann der Vergangenheit an. Aus diesem Grunde sieht der DStV für diesen Fall die Verkürzung der Geltung des Vorbehalts der Nachprüfung auf maximal ein Jahr als angemessen an. Kritisch sieht der DStV auch den Entfall der zentralen Kontrollinstanz durch die Selbstveranlagung. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Steuerfestsetzung werde komplett auf die Unternehmen und Beraterschaft verlagert. Dies sei nicht sachgerecht, da selbst bei versehentlichen Fehlern die Strafandrohung im Raum stünde.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht